Lithografie eines Pferdes

Das erste Flachdruckverfahren: Lithografie

Die Lithografie zählt zu den ältesten Flachdruckverfahren und hat ihren Namen vom verwendeten Material: Stein. Lithografen tragen das zu druckende Bild oder den Text spiegelverkehrt auf einen Stein auf und vervielfältigen diese durch den Druck. Die Lithografie eröffnete im 19. Jahrhundert Druckern und Verlegern einen günstigen und schnellen Weg, große Mengen an Farbkopien herzustellen. Vom rein praktischen Nutzen aus entdeckten Künstler das Druckverfahren für Reproduktionen und als selbstständiges Genre.

Senefelder als Erfinder

Als Drucktechnik lässt sich die Lithografie auf Alois Senefelder zurückführen. Dieser war kein Grafiker oder Drucker, sondern Theaterautor, der eine günstige Möglichkeit suchte, Noten und Texte zu kopieren. Im ausgehenden 18. Jahrhundert entwickelte er den Steindruck mithilfe von Materialien, die ihm in seinem täglichen Arbeitsumfeld im Theater begleiteten. Seine Versuche mit Steinplatten, Ätzstoffen und Farben sind in seinem Nachlass festgehalten. Sie zeigen, wie er die Technik Stück für Stück erarbeitete, bis er die richtige Kombination an Farbstoffen und Steinplatten fand.

Die Lithografie entwickelte sich zu einem wichtigen Druckverfahren, das bis ins 20. Jahrhundert Anwendung fand. Der Bereich der Plakatwerbung wäre ohne die Lithografie nicht denkbar. Nach Senefelders ersten Entdeckungen folgten Weiterentwicklungen der Technik wie die Chromolithografie in Frankreich, die hochwertige mehrfarbige Drucke ermöglichte. Mit dem weiterentwickelten Steindruck waren bis zu 25 Farben machbar.

Der Offsetdruck und andere Verfahren lösten die Lithografie ab. Heutzutage gehört sie zu den Techniken, die Grafiker und Künstler aus Liebe zum Handwerk pflegen.

Manuelles und maschinelles Flachdruckverfahren

Das grundlegende Prinzip der Lithografie beruht auf dem abstoßenden Effekt von Wasser und Fett auf speziellen Steinplatten. Der Steindruck ist ein Flachdruckverfahren. Druckende und nichtdruckende Bereiche liegen auf einer Ebene. Die Kontraste entstehen dadurch, dass der Stein und die nicht zu druckenden Partien die fettreiche Farbe abstoßen. Durch eine Presse nehmen Papier oder andere Materialien die Farbe auf. Das Drucken lässt sich manuell durchführen und wurde mit Steindruckpressen industrialisiert.

Durch Senefelders Protokolle lassen sich die ideale Zusammensetzung der Farbstoffe, Ätzstoffe oder der Steinplatten noch Hunderte Jahre später nachvollziehen. Auf die Steinplatte ist das Motiv seitenverkehrt mit spezieller Kreide oder Farbe aufzutragen. Lithografiesteine sind bis zu zehn Zentimeter stark, geschliffen und bestehen aus einem bestimmten Material. Senefelder nutzte beispielsweise Solnhofener Naturstein aus Kalkstein. Für die maschinelle Verarbeitung fixieren Ätzstoffe das Bild auf der Steinplatte. Sie sorgen dafür, dass die Druckerschwärze nur an den Farben haftet und nicht an den nicht zu druckenden Bereichen.

Sowohl bei einem manuellen als auch maschinellen Druck sind die Steinplatten mehrmals verwendbar. Bei einer angemessenen Stärke lassen sie sich abschleifen, um ein neues Bild herzustellen. Zunächst war es üblich, die Bilder bei Bedarf händisch nachzukolorieren. Die farbige Chromolithografie zerlegte das Bild in Farben und druckte diese in einzelnen Schritten von hell nach dunkel. Bei der einfachsten Variante an mehrfarbiger Lithografie beschränkte sich die Anzahl der Farben auf Gelb, Rot und Blau.

Vom günstigen Druck zur Kunstform

Plakat in FlackdruckSenefelder erfand den Steindruck, um seine Texte und Noten schnell und preiswert zu kopieren. Doch der Einsatz der Lithografie entwickelte sich weit darüber hinaus. Mit der Weiterentwicklung erleichterte dieses Verfahren den Massendruck, der in der Werbung und in der Pressewelt neue Ausdrucksformen ermöglichte. Die farbigen Drucke machten Bilder bezahlbar und leicht zugänglich. Naturwissenschaftliche Illustrationen oder Landkarten ließen sich für Schulen und den Hausgebrauch erwerben. Bis in die 50er-Jahre hinein entstanden Plakate, Postkarten, Bilderbogen, Werbebilder und Sammelbilder mithilfe des Steindrucks und schufen eigene Berufe.

Künstler, Karikaturisten und Grafiker nutzten die Technik als Darstellungsform. Ein Vorteil war, dass das Verfahren keine speziellen Kenntnisse und Ausrüstung voraussetzte, aber eine Vielfalt an Gestaltung bot. Francisco de Goya, Paul Cézanne, Edgar Degas und Käthe Kollwitz sind nur einige der Künstler, die sich der Lithografie bedienten. In Frankreich entwickelte sich die Kreidelithografie als eigenständiger Kunststil. Impressionisten und Expressionisten nutzten die Lithografie als Genre und Inspiration.