Das erste Massenmedium der Menschheitsgeschichte

Der Mainzer Johannes Gutenberg wurde 1999 zum „Mann des Jahrtausends“ gewählt. Er hatte eine epochale und die Neuzeit einläutende Erfindung gemacht. Mit der Entwicklung des Buchdrucks hatte er im 15. Jahrhundert das erste Massenmedium der Menschheitsgeschichte geschaffen und somit die europaweite Ausbreitung von Renaissance, Humanismus und Reformation ermöglicht. Fairerweise muss allerdings gesagt werden, dass Gutenberg zwar eine neue Drucktechnik entwickelt und die Revolution vom geschriebenen zum gedruckten Wort ermöglicht hat, die Ehre den Druck von Schrift auf Papier erfunden zu haben, aber den Chinesen überlassen muss. Während die Verfahren des Stempelns und Gravierens schon in der Antike verbreitet waren, begann man in China im 10. Jahrhundert mit dem sogenannten Plattendruck. Auf Holzplatten wurden Schriftzüge geschnitzt und diese dann als Druckplatten eingesetzt. Der erste Einsatz von beweglichen Buchstaben oder Symbolen wird dem chinesischen Alchimisten und Drucker Pi Sheng in den Jahren 1041 bis 1049 zugeschrieben. Pi Sheng fertigte einen Schriftsatz aus würfelartigen Standardtypen an, die anschließend in einem Eisenrahmen zu ganzen Sätzen zusammengefasst werden konnten. Der Druck mit beweglichen Buchstaben aus Metall ist dann bereits aus dem Korea des 13. Jahrhunderts überliefert. Allerdings schienen die Anwendungsmöglichkeiten begrenzt, denn dieses Druckverfahren konnte sich letztlich nicht wirklich weit verbreiten.

Gutenbergs Druckerpresse

In Europa fertigte man in dieser Epoche vor allem Handschriften an. Mönche schrieben die existierenden Bücher in Klöstern ab. Bibeln und andere Werke wurden dabei eher gemalt, als geschrieben. Die gebräuchliche Drucktechnik, der Holztafeldruck wurde fast ausschließlich auf Illustrationen angewendet. Johannes Gutenberg entwickelte daraus, ein bis dahin in Europa unbekanntes Druckverfahren mit beweglichen Lettern. Texte konnte nun aus einzelnen Buchstaben, gängigen Satzzeichen und häufig benutzten Wortkombinationen zusammengesetzt werden. Um die Herstellung von identischen Lettern zu ermöglichen, erfand der Mainzer ein spezielles Handgießinstrument. Gutenberg entwickelte außerdem eine neuartige Druckerpresse, mit der man nicht nur schnell, sondern auch besonders gleichmäßig drucken konnte. Diese Technik breitete sich danach in nur wenigen Jahrzehnten in ganz Europa aus und eroberte später auch andere Kontinente.

Inhalte, wie die Bibel konnten von nun ab massenhaft vervielfältigt werden und das geschriebene Wort war nicht länger ein Privileg der gehobenen Schichten, sondern auch für ärmere Bevölkerungsschichten erreichbar.

Ein neuer Berufsstand entsteht

Aus Gutenbergs Erfindung entwickelte sich schnell ein bis dahin vollkommen unbekannter Handwerkszweig. Die Mechanisierung des Buchdrucks zog das Entstehen eines ganzen Berufsstandes nach sich. Schriftgießer, Schriftschneider und Setzer übernahmen die Arbeit des Schreibers mit der Feder. Und verwendeten Begriffe, die bis zum Aufkommen des Computerzeitalters gebräuchlich blieben. Die Bedeutung von Worten, wie Fliegenkopf, Schusterjunge, Winkelhaken, Umbruch, Durchschuss und Hurenkind waren noch bis vor nicht allzu langer Zeit jedem Drucker wohlbekannt. Dabei hat die Buchdruckerkunst, bis in die heutige Zeit stets Schritt gehalten, mit den Fortschritten der Zivilisation, deren mächtigster Hebel sie bis zur Erfindung des Internets war. Eine ausschließliche Erfolgsgeschichte war der Buchdruck allerdings ebenfalls nicht.

Im 17. Jahrhundert beispielsweise verursachten die verheerenden Kriegsjahre des 30-jährigen Krieges einen deutlichen Niedergang der Buchdruckerkunst. Kaum ein Schriftstück dieser Epoche zeugt von besonderer Mühe oder Kunstfertigkeit. Erst im 18. Jahrhundert wurde eine neue Blüte verzeichnet und 1740, exakt 300 Jahre nach Gutenbergs Erfindung erreichte der Buchdruck eine neue Blüte und in seiner Fertigungskunst eine bis dahin nicht gesehene Filigranität. Nicht nur das literarische Leben erwachte zu neuem Leben, sondern auch die Buchdrucktechnik.

Das Digitaldruckverfahren macht das „Book on demand“ möglich

Stereotypie und Galvanoplastik wurden erfunden. Die Kunst des Holzschnittes kehrte zurück und im 19. Jahrhundert feierte die Photographie, mit ihren umfangreichen Anwendungsmöglichkeiten ihren Einzug. 1843 entstand das erste, vollständig in Gold gedruckte Buch und wenig später erfand der Deutsche Friedrich Koenig die Schnellpresse und trug damit seinen Teil dazu bei, dass die Buchdruckerkunst am Ende des 19. Jahrhunderts einen beispiellosen Aufschwung erfuhr und in ihren Erzeugnissen eine bis dahin unbekannte Vollkommenheit in Schnelligkeit und Ästhetik erreichte. Bücher dieser Epoche sind lebendige Zeugnisse dieser Blüte, die bis in die 1930er Jahre anhielt. Nach fast 400 Jahren, in denen Gutenbergs Buchdruck nahezu unverändert angewendet wurde, hielt die Mechanisierung Einzug. Alles das, was vorher die Arbeit des Setzers war, konnte nun mehr und mehr von Maschinen ausgeführt werden. Eine automatische Schriftgießmaschine, die Monotype, konnte die Lettern nach jeweiliger Liste gießen. Ab 1960 gab es die fotomechanischen Umsetzungen, mittels eines Fotosatzes. Die beherrschende Technik des Buchdrucks, bis zur Jahrtausendwende war der sogenannte Offsetdruck, bei dem nach wie vor Druckplatten hergestellt werden mussten. Doch die nächste Neuerung klopft schon an die Tür. Beim Digitaldruckverfahren kann auf Druckvorlagen komplett verzichtet werden. Mittels dieser Technik ist es nun möglich, das „Book on demand“ zu realisieren. Die Möglichkeit für jeden, ohne Einsatz größerer Geldmittel sein eigenes Buch herzustellen.